Was ist der Ursprung von BIM – building information modeling – in Deutschland und was braucht es, bis BIM-Prozesse richtig und einheitlich umgesetzt werden? BIM-Pionier Dietmar Flach, Mitarbeiter der ISD Group, beschreibt in diesem Artikel aus erster Hand, wie BIM in Deutschland Anschluss gefunden hat und gibt einen Ausblick darüber, was es bis zur finalen Einheitlichkeit aller BIM-Prozesse noch brauchen wird.
BIM ist ein weitreichender Begriff, der in der Baubranche bis dato noch keine Einheitlichkeit in Definition oder Umsetzung gefunden hat. Eine einheitliche Definition geht allerdings mit gleichmäßigen BIM-Prozessen einher. Doch während die Baubranche sich langsam aber sicher auf eine eindeutige Definition einigt, lassen konsistente Umsetzung und einheitliche Prozesse noch auf sich warten.
BIM ist aber mehr als die einheitliche Arbeit und Informationsspeicherung bezüglich des Lebenszyklus eines Projektes aus einem Hause. BIM umfasst die gesamte Informationskoordinierung – von der ersten Idee bis zur Wartung des fertigen Gebäudes – zwischen allen Projektbeteiligten, so dass sich in der Theorie noch Jahre nach der Fertigstellung eines Projektes dank des 3D-Modells und einer einheitlichen Datenbank erkennen lässt, wann welche Veränderungen vorgenommen worden sind.
Herr Flach ist ein Experte im Bauwesen und bereits seit über 34 Jahren bei der ISD Group. Oberstes Ziel für ihn war es, die Standorte der ISD Group in Österreich, Schweiz und vor allem Ulm auf- und auszubauen und unter anderem zusammen mit buildingSMART Deutschland das Thema BIM (building information modeling) im Fassadenbau voran zu bringen.
Die Geschichte von BIM in Deutschland ist eng mit Dietmar Flachs beruflichem Werdegang verbunden. In den Anfängen war die Umsetzung von BIM im Fassadenbau für Herrn Flach und Herrn Kast - den seinerzeitigen Produktmanager Fassadenbau - eine absolute Herausforderung.
In den 90er Jahren – als das Internet und die Digitalisierung noch in den Kinderschuhen steckten – bekam die ISD Group von Auftraggebern zunehmend den Wunsch geäußert, neben dem Rohbau auch die gesamte Gebäudehülle zu modellieren.
Jedoch wusste bis dato niemand, wie man eine komplette 3D-Gebäudehülle samt den damit verbundenen riesigen Mengen an Daten in einem einzelnen System umsetzen konnte. Mit der zunehmenden Nachfrage von namhaften Unternehmen nach einer 3D-Gebäudehülle fehlten jedoch die entsprechenden Technologien. Auf der Suche nach Lösungen hat Herr Flach zusammen mit Herrn Kast zahlreiche Unternehmen besucht, die Fassadenhüllen in 2D erstellten, aber keine klaren Vorstellungen von einer 3D-Darstellung hatten.
Die damalige Herausforderung bestand darin, dass die existierenden maschinenbaubasierten Systeme nicht in der Lage waren, hoch performante Daten für das Bauwesen umzusetzen. Dies führte zu der Erkenntnis, dass eine maschinenbauorientierte Herangehensweise für komplexe Bauwesenprojekte nicht ausreichte. Die Unvereinbarkeit von Maschinenbau- und Bauwesenprojekten wurde offensichtlich, da letztere zigtausend Bauteile in einer Gesamtzeichnung erforderten, was von den vorhandenen Systemen nicht unterstützt werden konnte.
Der Stand der Technik waren zwangsparametrisch basierende Maschinenbausysteme, welche die riesigen Datenmengen eines 3D-Fassadenmodells niemals hätten realisieren können. Des Weiteren fehlten in den bestehenden CAD-Systemen bauwesenspezifische Automatismen beispielsweise zur Gleichteilsuche oder Zeichnungserstellung. Somit musste eine neue, innovative Lösung gefunden werden.
Herr Flach erkannte im Fehlen dieser 3D Modellierung die Chance, auf eine ganz andere Möglichkeit das Bauwesen in Deutschland voranzubringen. Ein System mit einer durchgängigen 2D-/3D-Lösung – zwischen 2D Schnittansichten und 3D Modell – könnte die Grundlage sämtlicher BIM Prozesse liefern. Denn nur durch diesen nahtlosen Zusammenhang ist es neben der Bewerkstelligung eines 3D-Modells zusätzlich möglich, Änderungen in der 2D-Ansicht automatisch und in Echtzeit im 3D-Modell zu erzeugen, wodurch eine konsistente Abstimmung mit den Ergebnissen anderer am Bauprojekt Beteiligten gewährleistet wird.
Dieser Erkenntnis folgend führte Herr Flach eine Marktanalyse durch, um den aktuellen Stand der genutzten Technik, besonders im Fassadenbau, zu ermitteln. Die Analyse der aktuellen Planungsprozesse im Fassadenbau ergab, dass bis dato kein CAD-Hersteller im Fassadenbau eine 2D-/3D-Durchgängigkeit anbot und BIM Prozesse im deutschen Bauwesen noch keinen Anschluss gefunden hatten. So wurde HiCAD als ein von nun an 2D/3D durchgängiges CAD-System weiterentwickelt.
Nach Ansicht von Herrn Flach und Herrn Kast ist es damit noch lange nicht getan, denn einheitliche BIM-Prozesse erfordern ein klar definiertes Datenaustauschformat (IFC) zwischen den unterschiedlichen CAD-Systemen und eine standardisierte Bauteilklassifizierung aller am Projekt beteiligten Gewerke, damit alle Informationen nahtlos in ein dafür geeignetes Visualisierungs-System einfließen können.
Insgesamt zeigt sich aber deutlich, dass nicht zuletzt aufgrund der IFC-Schnittstelle, sowie die Funktion der 2D/3D Durchgängigkeit in HiCAD, nahtlos verbunden mit dem PDM-System HELiOS, die ISD Group das Potential für die Grundlage einer Einheitlichkeit für BIM-Prozesse in Deutschland innehält.
Trotz schwieriger Herausforderungen bleibt die ISD Group entschlossen, BIM in Deutschland voranzutreiben, eine digitale Zukunft für alle zu gestalten und die Bauindustrie in eine zukunftsweisende Ära zu führen.